PanoramaH-CampNomeCreek

Zum zweiten Mal taucht der Kopf ins acht (!) Grad kalte Wasser ... die Kopfhaut zieht sich sogleich, fast schmerzhaft, zusammen ... eine, zwei Sekunden und schnell wieder raus. Jeden Morgen kriegen wir diese erfrischende Kälte bei unserem Waschritual zu spüren. Das Wasser gehört dem Nome Creek, rund 100 Kilometer nordöstlich von Fairbanks in den White Mountains gelegen. Weit hinten im Tal, abseits von Highway und Zivilisation haben wir mit unseren Freunden Evi und Thomas aus dem Südtirol und ihrer 2-jährigen Tochter Mara auf 750 m.ü.M. ein stationäres Camp errichtet.

 

White Mountains

Ganze 14 Tage bleiben wir schlussendlich in den White Mountains und schlagen uns die Zeit ohne Fahrrad, ohne Strom, ohne Internet, ohne Autos und Trucks um die Ohren. Wir liegen eigentlich nur "faul" rum und tun (fast) nichts, aber langweilig wird es hier nie. Wir bauen an unserem Camp, wandern ein wenig, sammeln und essen die leckeren Blueberries und können endlich wieder mal Bücher lesen. Im Nu ist der spannende, 1000-seitige Roman „Der Schwarm" verschlungen (absolut empfehlenswert). Und wir geniessen einfach die Natur hier. Am meisten schätzen wir, dass wir nicht tagtäglich unser Zelt abbauen und weiterfahren müssen, sondern einen wunderschönen Ort einmal so richtig lange geniessen können.

PanoramaF-PrindleMountains

Unser Camp liegt in einer Talsohle, umgeben von sanften, runden Hügeln. Der saftig grüne Nordhang zieht sich mit gleichmässigem Gefälle den Berg hoch, bis er sich an der Krete im Himmelblau verliert. Die gewaltig grossen Flächen sind mit Moos, Weiden- und Heidelbeerstauden bewachsen. Nadelbäume (Spruce Trees), die wie Christbäume aussehen, wachsen hier noch bis an die Baumgrenze, wenige hundert Meter über uns. Der Südhang auf der anderen Seite des Nome Creek erscheint in einem tristen Bild. Ein gewaltiger Waldbrand hat hier vor ein paar Jahren alle Bäume zu Grunde gerichtet. Nur noch braune, dürre Stämme ragen in die Höhe, während am Boden das Leben bereits wieder Fuss gefasst hat. DIMG_2521ie Weidensträucher lassen den Hang wieder etwas grünlicher erscheinen. Nach Osten endet das Tal in den 1500 Meter hohen Prindle Mountains, dessen Hänge wie ein grüner Teppich erscheinen und gegen die Gipfel in schwarzes Gestein übergehen. An vielen Tagen lässt die Sonne mit den Wolken zusammen die Landschaft in ein spektakuläres Licht- Schattenspiel verwandeln. Vor allem in der Abenddämmerung erscheinen dann die Bergflanken in kräftig leuchtendem Grün. Es ist eine spezielle Landschaft, die uns mit jedem Tag noch besser gefällt.

 

Unser Camp

IMG_2268Wenn man in der Natur draussen zwei Wochen am selben Ort bleiben will, muss man sich ein wenig gemütlich einrichten. Mit jedem Tag wächst unser Camp. Eine gute Feuerstelle gehört natürlich zum Ersten Der abgebrannte Wald gibt genügend Holz her zum Bauen. Immer mit Säge, Beil, Messer und Bärenspray ausgerüstet schwärmen wir aus um tote Baumstämmen zu fällen. Zuerst bauen wir einen Wind-, Sonnen- und Regen geschützten Shelter, wo wir ein kleines Moskitozelt darunter stellen - es ist unser Essens- und Lesezelt. Vor der Feuerstelle entsteht ein kleiner Unterstand, IMG_2549den wir mit einer dicken Schicht aus Weidensträuchern gegen Regen bedecken - es ist unsere Lounge am Abend. Unser Highlight ist aber der Steinbackofen - absolute Spitze. Mehrere Male backen wir unser eigenes Brot darin, auch Pizzas und Bratkartoffeln ergeben immer wieder leckere Abendessen. Nicht zuletzt wird auch noch eine Sauna gebaut ... OK, dessen Funktion ist noch nicht ganz ausgereift, da müssen wir noch üben. Wir sind selber erstaunt, wie all unsere Konstruktionen den teils heftigen Regenfällen und Windböen standhalten. Auch bei miesem Wetter mit Nebel, sehr kalten Temperaturen und bei Regen lässt es sich hier sehr gut leben ... :-) Obwohl dies gar nicht so oft der Fall war.

 

Land of the Blueberries

IMG_2544Zufällig sind wir zur richtigen Zeit hier ... wir fühlen uns wie im Paradies. Alles ist voll mit Heidelbeerstauden, die gerade jetzt die reifen Früchte tragen. Tonnenweise, so weit das Auge reicht, jeder Hang, jede Fläche ist voller Blueberries (Heubeeri) - herrlich. Wir pflücken und pflücken, essen sie zum Frühstück im Müesli, geben sie in die Pancakes, machen mit Sauerrahm leckere Desserts und Evi kocht fast zweieinhalb Kilogramm Konfitüre.

 

Land of the Hunters ...

Ganz alleine sind wir hier oben doch nicht. Gerade hat die Jagdzeit für Caribous und Dall Sheeps begonnen. Wohl eine der wichtigsten Jahreszeiten für die Alaskaner ... IMG_2490mit grossen Anhängern bringen sie ihre ATV's (Quads) hier hoch, um dann zum Vergnügen über Stock und Stein, durch Bäche, durch unser Camp (!) zu motoren und zum anderen, ins bergige Hinterland zum Jagen zu fahren. Es zeigt sich wieder einmal mehr, Waffen und grosse Motoren sind die Statussymbole der Amerikaner. Doch zu unserer grossen Überraschung treffen wir auch noch andere Jäger. Auf einer kleinen Biketour treffen wir auf die beiden jungen Burschen aus Fairbanks, die mit dem Mountainbike auf die Jagd gehen. Gewehr, Schlafsack und Proviant auf den Rücken gebunden, fahren sie auf dem anspruchsvollen Quartztrail ins Hinterland. Es bleibt uns nach wie vor ein Rätsel, wie die ihre, vielleicht mehrere hundert Kilogramm schwere Beute wieder zu ihrem Auto bringen. Und dann sind da auch noch die beiden Geschwister Gina und Anna. IMG_2530Wir treffen Gina auf einer Wanderung, als diese mit neuem Proviant zu ihrem Huntingcamp unter dem Mt. Prindle unterwegs ist. Die beiden haben alles Material zu Fuss in die Berge getragen. Sie jagen noch in old-style Manier, was bei uns mehr Sympathien aufkommen lässt, als gegenüber den motorisierten Jägern. Auch ihre Beute werden sie in Schwerstarbeit wieder zu Fuss hinaustragen müssen. Die beiden jagen nicht aus Lust, sondern zur Selbstversorgung. Doch auch sie haben kein Glück bei der Jagd. Wir stellen fest, dass es, zum Glück, gar nicht so einfach ist, ein Tier zu schiessen. In den zwei Wochen am Nome Creek, sehen wir nur einen erfolgreichen Jäger mit Beute zurückkommen.

 

Win - Win Situation

DSC_0060An einem Abend steht plötzlich Gina in unserem Camp und setzt sich zu uns an den Tisch ... Obwohl eine grosse Dall Sheep Herde ganz in der Nähe weiden, dürfen Gina und Anna kein Tier schiessen. Es sind alles nur Weibchen mit deren Jungtieren, die geschützt sind. Die Männchen mit ihren grossen, spiralförmigen Hörnern sind irgendwo in den Bergen. Nach über einer Woche entscheidet sich das Gschwisterpaar, den Ort zu verlassen und weiter im Norden, in der Brooks Range ihr Glück zu versuchen. Das heisst aber für sie, alles Material wieder runtertragen - ein Weg mindestens zwei Stunden Marschzeit.

... nach einigen Gesprächsminuten durchschauen wir den Blitzbesuch. Wenn die beiden Frauen heute noch alles vom Camp runtertragen wollen, dann werden sie wohl erst nach Mitternacht damit fertig sein oder müssten unterwegs nochmals campen. Kein Problem für uns - klar dass wir den beiden helfen, schliesslich haben sie uns vor einigen Tagen Verpflegung aus Fairbanks mitgebracht, dazu noch viel mehr als wir bestellt haben. Andi und Marion machen sich um 19:00 Uhr mit Gina auf den Weg zu ihrem Huntingcamp, das auf knapp 1000 m.ü.M. liegt. IMG_2593Wieder einmal bewegen tut auch uns gut. Nach 4/5 der Strecke stossen wir auf Anna, die bereits staffelweise das Material ein Stück runter getragen hat. Wir können tatsächlich alles Material in grosse Rucksäcke und Plastiksäcke verstauen und die schwere Last in einer Fuhre zu ihrem Auto runter tragen. Um 22:00 Uhr war alles fertig und die beiden konnten mit ihrem Auto losfahren. Sie waren wirklich unglaublich glücklich um unsere Hilfe, dass sie uns die ganze Zeit als „the super angels of Nome Creek" betitelten. Gina war so froh, dass sie uns gleich offferierte, wir können nach der Zeit hier in ihrem Cabin wohnen und auch ihr Auto benutzen, so lange sie noch auf der Jagd seien. Das tolle Angebot müssen wir leider abschlagen, das sie sehr abgelegen wohnt und alles etwas zu kompliziert wäre.

 

Das Ende naht ...

Nach zwei Wochen Wilderness am Nome Creek kehren wir wieder nach Fairbanks in die Zivilisation zurück. Für Evi, ThomasDSC_0132 und Mara geht Reise weiter nach Dawson City und wir werden am gleichen Abend von Bud Kuenzli aus North Pole abgeholt. Er hat uns vor zwei Monaten irgendwo auf der Strecke spontan angehalten und uns offeriert bei ihm und seiner Frau Sarah zu wohnen. Nun sind wir in seinem schönen Haus, direkt an einem Fluss gelegen und geniessen schon am ersten Abend einen schönes Abendrot direkt vom Balkon aus. Seit langer, langer Zeit haben endlich wieder einmal ein richtiges Bett zum Schlafen ... ahhhh, das tut gut. Hier verbringen wir unsere letzten Tage in Alaska und bereiten uns auf unsere Heimreise und die Zeit "danach" vor ...

P.S. Neue Fotos sind in der Fotogalerie aufgeschaltet!

Viele Grüsse

Marion und Andi

 

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Ãœberschwemmungen Pakistan
Mit Schrecken erhalten wir inzwischen die Nachrichten von den verheerenden Überschwemmungen in Pakistan: Die SOS-Kinderdörfer in Pakistan wurden von den Fluten verschont und leisten Nothilfe um Familien mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Informationen dazu und wie man helfen kann finden Sie unter folgendem Link --> SOS-Kinderdorf Pakistan.