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Frankfurt

Schnell haben wir mitten im geschäftigen Flughafen von Frankfurt am IMG_2727Main unsere Fahrräder wieder zusammen „gebastelt" und düsen bereits eine Stunde später durch die Stadt zu unserer „Warmshower". Dort werden wir von Melita und Christian herzlichst empfangen und unser Start in Europa ist mehr als gelungen. Wir geniessen den kulturellen Reichtum an alten Häusern und Kirchen sehr. _DSC0845Abwechslungsreich ist auch wieder die verwinkelte Dorf-und Städteplanung. Klar, ist es super einfach, sich auf dem Kontinent Nord- und Südamerikas dank des rechtwinkligen Strassennetzes in den Städten zurechtzufinden. Aber hier ist es einfach wieder toll, durch mittelalterliche Gässchen zu schlendern und beim Klang von Kirchglocken wird es einem einfach warm ums Herz. Es lebe die Kultur!

 

Der Rhein

Auf vielen Nebenwegen führt uns Christian aus Frankfurt hinaus. Es IMG_2751gefällt ihm so gut mit uns, dass er uns sogar bis zum Rhein begleitet, immerhin über 50 km, die er ja wieder zurückfahren musste. Unsere Vorstellungen und Erwartungen an die kommenden Etappen waren wohl etwas zu hoch. So kommt es, dass die 450 km von Frankfurt nach Basel eher so etwas wie ein „Pflichtprogramm" sind, das wir in vier Tagen runterspulen. Der Rhein kommt leider sehr selten ins Blickfeld, denn nur zu oft radeln wir im Wald oder hinter dem meterhohen Deich, der einem die Sicht versperrt. Also eher eine langweilige Sache. Zudem müssen wir sonnenverwöhnten Radler nach zwei Prachtstagen mal so richtig strammen europäischen Dauerregen DSC_0926über uns ergehen lassen, was die Stimmung nicht gerade positiv beeinflusst. Ein Pedal-Totalschaden zwingt Marion zu einem einbeinigen Ritt zum nächsten Radgeschäft, glücklicherweise nur 10 Minuten entfernt. Kaum auszudenken, wenn dies zwischen Fairbanks und der Prudhoe Bay passiert wäre. Kurz vor Basel strahlt wieder die Sonne und sie lässt uns auch bei unserem Grenzübertritt in die Schweizerische Heimat nicht aus den Augen. Der ist so unspektakulär, dass Andierst zwei Kilometer später fragt, wann nun endlich der Schweizer Zoll käme. Also zurück und noch hurtig ein Foto gemacht!

 

Heimat ist und bleibt Heimat

Auf Schweizer Boden haben wir es dann nicht mehr ganz so eilig und geniessen die letzten Radeltage in vollen Zügen. Wir lassen es uns nicht entgehen, DSC_0996-2noch das eine oder andere „Bsüechli" abzustatten. In Solothurn empfangen uns ganz spontan Annette und Sven mit ihren beiden Kindern. Wir dürfen sogar bei ihnen übernachten und starten ganz erholt am nächsten Tag auf eine kurze Etappe nach Bern. Die Fahrt durch kleine Dörfchen, Wälder und Landwirtschaftszonen die geprägt sind Feld- und Ackerbau, und stets mit dem imposanten Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau, lassen unsere Herzen höher schlagen. Die Schweiz ist einfach wunderschön! Am Samstag Nachmittag fahren wir bei traumhaften Wetter in unserer Bundeshauptstadt ein ... es ist eine der grössten Überraschung seit wir in Europa sind. Nichts von der typischen Schweizer Mentalität ist zu spüren ... tausende von Menschen flanieren iDSC_0949n den Gassen, trinken Kaffee in den Gartenbeizen, schwatzen, diskutieren und sind einfach am Geniessen. Wie eine italienische Grossstadt pulsiert es, sie lebt und strahlt eine unglaublich positive Kraft aus. Toll, das hat uns gefallen. Das Wochenende verbringen wir dann auch in Bern und schlagen das Zelt an der schönen Aare auf. Der Besuch des „Weissen Hauses" und des „neuen" Bärenparks sind natürlich ein Muss. Bei Adrianos genehmigen wir uns nach langer Zeit wieder genussvoll einen Café Munaipata (siehe Newsletter Nr. 15) und wir treffen auch noch Oli, eine tolle Bekanntschaft aus Fairbanks.

 

SOS-Kinderdorf Schweiz

Am Montag Morgen besuchen wir fast unangemeldet den Hauptsitz von SOS-Kinderdorf Schweiz in Liebefeld. Wir wollen die Leute, mit denen wir vor und während der ganzen Reise zusammengearbeitet haben, nun endlich persönlich kennen lernen. Der Chef selber, Christian Hosmann, begrüsst uns herzlich und wir unterhalten uns angeregt über unsere Reise, unsere Erfahrungen im Kinderdorf bei Lima, wie auch die Ideologien und Strategien von SOS-Kinderdorf. DSC_1079Wir sind wieder einmal mehr erfreut, dass wir uns für diese Organisation entschieden haben und radeln mit der Überzeugung weiter, dass wir auch in den nächsten Jahren weiter zusammenarbeiten möchten.

Über Escholzmatt, wo wir auf dem Bauernhof der Familie Bieri übernachten und unser erstes Raclette seit Monaten geniessen dürfen und einer Nacht bei unseren lieben Freunden Evi und Kurt in Zell geht es dann zu Marions Eltern nach Reinach. Nach einem richtig bodeständigen „Späck met Bohne" sind wir dann definitiv zu Hause angelangt.

 

Die Letzte !!!

Am Samstag Morgen früh geht es los Richtung Luzern, auf unsere allerletzte Panamerica-Etappe. Wir können nicht abstreiten, dass eine Portion Nervosität mit dabei ist. Wir lassen uns viel Zeit und besuchen unterwegs einen Teil unserer Sponsoren und Partnern, die auch einen wichtigen Teil zum Gelingen unserer Reise beigetragen haben: VELO PLUS, Velociped und bei Reto in „Erich Mächlers Radsport" und das Optikergeschäft Muri & Peter. Es ist mittlerweile Mittag und wir müssen noch zwei Stunden bis zu unsrer offiziellen Einfahrt vor dem KKL überbrücken. Die Ungeduld und die Nervosität steigt ins Unermessliche und es macht sich ein richtig flaues Gefühl im Magen breit. Oh je, oh je, was wird uns wohl erwarten?

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Als wir auf den Platz beim Wagenbachbrunnen einbiegen, lässt sich bereits der Applaus hören, ein „Willkommen Los Marandis" Leintuch wird gestreckt und ein knallgelbes ZIEL Banner des Ämmelauf Littau leuchtet uns entgegen. Eine grosse Menge von liebsten Leuten hat sich eingefunden, um uns willkommen zu heissen. Was für ein toller, emotionaler Moment! Es ist einfach umwerfend!!! Dies werden wir nie mehr vergessen und das Heimkommen macht so doppelt Freude.

Danke, ihr habt uns den tollsten Empfang gegeben, den wir uns vorher nicht schöner hätten vorstellen können!

 

Und nun die Krise?

Fragen wie: „Na, Kulturschock?" oder „ Wann kommt der grosse Frust?" werden uns immer wieder gestellt. Die erste können wir klar verneinen, dafür haben wir taktisch richtig gehandelt, als wir bereits vor zwei Jahren uns dazu entschlossen haben, von Frankfurt nach Hause zu radeln. Von der zweiten spüren wir bisher nichts. Wir haben uns sehr auf zu Hause gefreut und so geht es uns momentan einfach blendend. DSC_1164Ob wir in das vielbesagte Loch fallen werden, dies können wir wohl erst in zwei, drei Monaten beantworten. Wir sind aber überzeugt, dass wir uns genügend Zeit genommen hatten, uns richtig aus dem Alltag auszuklinken. Deshalb sind wir jetzt umso motivierter und energiegeladener denn je. Ein Grund vielleicht, dass wir beide bereits in der glücklichen Lage sind, neue Arbeitsstellen gefunden zu haben. Auch das Radeln ist uns nicht verleidet. Im Gegenteil, denn jetzt locken wieder die technischen Trails auf dem Mountainbike und der Geschwindigkeitsrausch auf dem Rennrad. Yes!!!

 

E i n   k u r z e r   R ü c k b l i c k

In der südlichsten Stadt der Welt sind wir gestartet (Ushuaia, Argentinien), wir sind am kleinsten Vulkan der Welt (Peru) vorbeigeradelt, sind über die grösste Salzfläche der Welt gefahren (Salar de Uyuni), waren in der höchstgelegensten Grossstadt der Welt (La Paz, Bolivien), sind die gefährlichste Strasse der Welt hinunter "gedonnert" (La Paz-Coroico, Bolivien), waren bei der höchstgelegenen Eisenbahnstation der Welt (La Oroya, Peru), sind durch die am stärksten vergiftete Stadt der Welt gefahren (La Oroya, Peru), sind in der trockensten Wüste der Welt gefahren (Atacama Wüste, Chile), haben des grösste von Menschenhand geschaffene Loch besucht Panorama2-PeruHuancayo(Chuquicamata Mine, Calama, Chile), waren im tiefsten Canyon der Welt (Colca Canyon, Peru), haben die grössten Vögel der Welt beobachtet (Kondore im Colca Canyon, Peru), haben den meistberfahrensten Zoll der Welt passiert (Tijuana, México), waren mit der Fähre im tiefsten Fijord Amerikas unterwegs (Lynn Canal, Alaska), haben den kältesten und höchsten Berg Nordarmerikas (endlich) bestaunen können (Mt. McKinley, Alaska) und sind durch die unendliche Tundra im Norden von Alaska gefahren.

An unterschiedlichsten Orten haben wir übernachtet ... beim Start in Ushuaia war es noch in einem 5 Sterne Hotel, danach war es nicht mehr so feudal, dafür umso erlebnisreicher. So haben wir bei orkanartigen Winden in der kleinen Rabatte eine Tankstelle (ARG) das Zelt aufgeschlagen oder inmitten einer Baustelle eines neuen Hotels (ARG). Wir haben in einer erbärmlichen Polizeistation geschlafen (ARG), in Rodeoarenen und vor Kirchen gecampt, haben bei -20° C und in stürmischen Winden auf über 4000 m.ü.M. im Zelt den Schlaf gesucht usw. Fast 4000 Km schlechtester Schotterst- Sand- und Waschbrettstrassen sind wir gefahren, haben Pässe von über 4800 m.ü.M. überquert und sind auf nicht enden wollenden Geraden durch Wüste und Wälder, bei klirrender Kälte und erdrückender Hitze geradelt ...

Wir durften in diesen 21 Monaten unglaublich viel Neues und Schönes kennen lernen. Unterwegs haben wir hunderte von liebsten Leuten, Peruaus unterschiedlichsten Regionen und aus allen Schichten kennen und schätzen gelernt. Sicher über 150 engere Kontakte sind daraus entstanden und wir haben ganz gute Freudschaften schliessen können, die noch lange halten werden. Nebst den fantastischen Landschaften, die all diese Länder bieten, haben uns die Freundlichkeit, Herzlichkeit, die Offenheit und die Gastfreundschaft all dieser Menschen, von Beginn an bis zum Ende der Reise, wie auch der Besuch im SOS-Kinderdorf Rio Hondo bei Lima am meisten beeindruckt, geprägt und Freude bereitet.

Wir sind enorm dankbar, dass wir diese einmalige Reise gesund und ohne Schaden überstanden haben. Wir sind sicher stolz auf die erbrachte Leistung und dass wir den Mut aufgebracht haben, vor zwei Jahren "alles" abzubrechen um diese Reise zu starten, die nun immer in unseren Herzen bleiben wird.

Wir sind uns keine Sekunde reuig und "Wir würden es wieder tun".

 

In diesem Sinne:

Adios, Panamericana!

Estaba fantastico!!!

Hola Suiza, te queremos mucho!

 

Somit schliessen wir die Panamerica Newsletter Datenbank und danken allen Lesern für das sehr grosse Interesse. Es ist uns ein grosses Anliegen, allen Spendern, die das Projekt für SOS-Kinderdorf unterschützt haben, ein riesiges "Danke schön" zu sagen. Der gespendete Gesamtbetrag ist für uns, für die Organisation SOS-Kinderdorf und im Speziellen für die direkt betroffenen Kinder in Peru ein grosser Erfolg. Das Spendenkonto bleibt auch weiterhin offen und wir werden sicherlich nochmals in einem Blog darüber berichten.

Wir grüssen euch alle ganz herzlich - es war schön, mit EUCH unterwegs zu sein.

Tschüss, Marion und Andi