Alles begann wunderschön ...

Nach fast 5 Tagen auf der "Baustelle" in El ChaltĂ©n verabschieden wir uns von Victor und machen wir uns auf den Weiterweg nach Norden - nĂ€chstes Ziel ist der "Lage Del Desierto". Den Wecker haben wir auf 5 Uhr in der FrĂŒh gestellt, aber als wir erwachen herrscht draussen ein regelrchter Sturm. Nein, das tun wir uns nicht an - wir schlafen weiter ...

Um 10:00 Uhr windet es immer noch sehr heftig, doch wir radeln jetzt los, obwohl uns der Wind auf den nĂ€chsten Kilometern mehrmals zum Absteigen von unseren RĂ€dern zwingt. Manchmal einfach, um unsere Gesichter vom feinen, durch die Luft fliegenden Kies zu schĂŒtzen.

Der mĂ€chtige Fitz RoyDie Fahrt ins Tal hinein, das uns wieder an die Grenze zu Chile fĂŒhrt, ist wunderschön. Links von uns, ĂŒber einem BergrĂŒcken taucht plötzlich wieder der mĂ€chtige Fitz Roy auf, auf den wir nun stĂ€ndig einen wunderbaren Blick haben. Schon bald hinter El ChaltĂ©n Ă€ndert sich die Landschaft ... es hat BĂ€ume, ja sogar WĂ€lder und wir hören sein fast 2 Monaten endlich wieder einen Bergbach plĂ€tschern - ohh was ist das fĂŒr ein herrliches GerĂ€usch und wir merken erst jetzt, wie uns dies in den ewigen Pampas draussen gefehlt hat. Bei der ersten Pausen stechen uns auch schon die MĂŒcken - die aller ersten seit Ushuaia. Wir sind definitiv in einer anderen Landschaft - es sind die Vorboten der kommenden Carretera Austral...

Nach 37 Km erreichen wir den schönen Lago Del Desierto, von wo uns eine FĂ€hre ans andere Ende des Sees bringt. Dort ist ein schöner Zeltplatz wie auch der argentinische Zoll. Die Fahrt ĂŒber den See ist fantastisch... Zwischen zwei BergzĂŒgen fahren wir an WasserfĂ€llen und Gletschern vorbei. Uns kommt es vor, dass wir jetzt "ans Ende der Welt" fahren. Wir sind völlig abgelegen im patagonischen Bergland.

Am anderen Ufer angekommen laden wir RĂ€der und unsere GepĂ€ck aus dem Boot und da passiert das UnglĂŒck !!! Beim Aussteigen aus dem Boot muss vom Bootsrand ein weiter Schritt auf den einen halben Meter weiter unten liegenden Holzsteg gemacht werden. Andi, mit all seinen 4 Radtaschen (ca. 30Kg) in den HĂ€nden, steigt aus dem Boot, die eine Tasche bleibt hĂ€ngen, ein Schritt ins Leere - ZACK!!! -  und Andi liegt plötlich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Holzsteg. Er war, mit all dem Gewicht, genau in eine Zwischenspalte, des aus Bretteren gebauten Holzsteges, gestanden und hat sich den Fuss fĂŒrchterlich verknacks.

Im Schock noch schnell ĂŒber den Steg an Ufer gelaufen, wird es Andi auch schon schwarz vor den Augen. Vor Schmerzen wird es ihm schlecht und muss sich hinlegen. Wir kĂŒhlen den Fuss sofort im eiskalten Wasser des Lago Desierto. Doch immer wieder muss sich Andi hinlegen, da es ihm ĂŒbel wird. Die ersten Gedanken ... BĂ€nder am rechten Fuss gerissen und AUS DER TRAUM. Wir sind geschockt und sitzen weindend auf der Wiese - am Ende der Welt.

Was nun, stellen wir uns die Frage? War's das wirklich?

Wir checken alle Möglichkeiten durch. Wenn wir zu einem Arzt mĂŒssen, gibt es nur den Weg mit der FĂ€hre zurĂŒck und dann mit einem Bus nach El ChaltĂ©n oder El Calafate. Nach Norden können wir nicht, denn hier beginnt der abenteuerliche Übergang, der nur zu Fuss bewĂ€ltigt werden kann und dannach gibt es auch nur eine FĂ€hre, die nach Villa O'Higgins geht. Vielleicht mĂŒssen wir auch nur einen lĂ€nger hier bleiben, damit sich der Fuss erholt ... Zu lange können wir auch nicht bleiben, da uns sonst unsere EssensvorrĂ€te wegschmelzen ... wir wussten es nicht. Zum ersten mal schalten wir auch das Handy ein - aber wie erwartet - Kein Empfang.

Schlussendlich haben wir uns entscheiden, eine Nacht zu bleiben, um zu schauen, wie es um den Fuss von Andi steht. Schmerzmittel haben wir ja zur Sicherheit dabei. Auch die Carabinieros vom Zoll haben erbarmen und wir dĂŒrfen das Zelt gleich beim Schiffssteg aufbauen.

Trotz dem Unfall ist es ein herrlicher Abend. Mit Blick ĂŒber den gesamten Lago Desierto, sehen wir von hier aus noch den Fitz Roy. Über unseren Köpfen prĂ€sentieren uns die Wolken im Abendrot ein herrliches Schauspiel mit vielen Formationen - es ist eine grandiose Stimmung!

Am nĂ€chsten Morgen sind die Schmerzen immer noch vorhanden und wir untersuchen den Fuss zum ersten mal grĂŒndlich. Durch vorsichtiges Abtasten erkennen wir bald, dass keine BĂ€nder gerissen sind. Vielmehr ist es eine extreme Knochenprellung, evt. ein Riss(?), am Aussenrist. Wir sind erstmals erleichtert.

Nochmals mĂŒssen wir alle Möglichkeiten durchchecken. Die nĂ€chsten 6 km gehen auf einem schmalen Pfad durch WĂ€lder und SĂŒmpfe ĂŒber die Grenze nach Chile. Hier können wir das Fahrrad nur schieben oder tragen. Das GepĂ€ck muss wahrscheinlich die ganze Zeit separat getragen werden. Da die FĂ€hre am Lago O'Higgins, am anderen Ende des Übergangs, nur 3x pro Woche fĂ€hrt, mĂŒssten wir zeitig gehen, damit wir diese erreichen und immer ĂŒber genĂŒgend Essen verfĂŒgen wollen. Geht das alles mit dem lĂ€dierten, schmerzenden Fuss?

Andi entscheidet: "Ich versuche es - wir gehen!". Wir bandagieren den Fuss so gut es geht ein, bepacken uns mit unserem GepÀck und und laufen los ...

Der Traum ist zum GlĂŒck nicht zu Ende ... :-). Wieder einmal hatten wir riesiges GlĂŒck. Eine Woche danach schmerz der Fuss immer noch, aber es geht uns bestens. Der viel besagte Übergang nach Chile war dann wirklich ein ganz spezielles Erlebnis, von dem wir spĂ€ter erzĂ€hlen ...

Viele GrĂŒsse aus Cochrane

los marandis

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